Theater und Kunst sind eine wunderbare Sache. Es ist so schön, die verschiedenen Interpretationen eines Kunst- oder Theaterstücks, wie auch einer Operette oder Oper in einem Theater anschauen zu können. Welch eine Kreativität des Kunstschaffenden! Welch eine Ausdrucksmöglichkeit für Schauspieler oder Sänger! Ich bin immer wieder begeistert. Für mich ist sie auch Ausdruck der  Kreativität unseres Schöpfers, der uns Menschen wunderbar gemacht und begabt hat. Entsprechend ist Kunst für mich auch eine Ausdrucksform, diesem Schöpfer Ehre zu geben. 

Paul Hindemith hat im frühen 20. Jahrhundert eine Oper geschrieben, die heute Furore macht. Worum geht es darin?

Susanna ist bereits eine Nonne. Sie hat ihr Gelübde für Keuschheit, Armut und Gehorsam abgelegt. Doch nun entdeckt sie (wie – das wird nicht beschrieben) ihre Sexualität. Im Grunde beschäftigt sich die gesamte  Oper mit dem Schicksal dieser jungen Frau, die einen Weg sucht, mit dieser neuen Erfahrung und den aus ihr resultierenden Bedürfnissen klarzukommen.

Soweit – so gut.

Von Anfang an waren die Aufführungen umstritten und wurden angefochten. Die Uraufführung 1922 musste von Stuttgart nach Frankfurt verlegt werden, da der Protest in Stuttgart eine Aufführung nicht zuließ. 1925 wurde in Hamburg ebenfalls massiv gegen die Aufführung protestiert. Dabei kann man davon ausgehen, dass die Darstellungsweise damals vergleichsweise «harmlos» war, verglichen mit der heute diskutierten Version.

Mit der aktuellen Interpretation von Florentina Holzinger bricht die Darstellung massiv mit den vorhergehenden Interpretationen. Wenn ich mir die Darstellung anschaue, dann ist es nicht mehr die Gewissensnot einer Nonne mit ihrer Sexualität vor dem Hintergrund ihres Gelübdes. Es ist vielmehr die Rechtfertigung ihres Ausbruchs aus einem für sinnlos erklärten Zwang. Und dabei wird eine Darstellung gewählt, welche in uns Christen Entsetzen und Abscheu weckt. Sexualität auf der Bühne bis ins Detail darzustellen ist nichts Neues – leider. Die Kombination mit der hier dargestellten Brutalität durch ausgeführte Verletzungen, Piercing und der Verhöhnung christlicher Symbole ist es, die mich so sehr schockiert.

Nacktheit an sich ist etwas wunderbares. Aber sie gehört in die Privatsphäre. Und wenn sie dargestellt werden soll, dann mit Respekt und Würde.

Ich finde es traurig und befremdend, dass die Würde der Frau und auch der Nonne – auch ihre sexuelle Würde – auf eine Weise dargestellt wird, die sie eigentlich entwürdigt. Welche Frau (und auch welcher Mann) aus dem Auditorium eines Konzertes von SANKTA würde sich in ähnlicher Weise exponieren wollen?

Wir von Bündnis C im Landesverband Baden-Württemberg sind über die Art der Inszenierung dieser Oper schockiert. Wir sehen, dass viele gläubige Christen über die Darstellung entsetzt sind und das ist nachvollziehbar. Wir haben verstanden, dass hier Kirchenkritik geübt werden soll. Aber warum muss Kirchenkritik einhergehen mit der Beleidigung oder Verunglimpfung christlicher Symbole? Wir respektieren die Freiheit der Kunst. Aber wir erwarten auch, dass «die Kunst» die Würde gläubiger Menschen respektiert.

Wir begrüßen die Kreativität der Kunst. Wir fordern aber auch den Respekt der Kunst gegenüber religiösen Grundlagen der verschiedenen Religionen, in diesem Fall der Christen.

Und noch ein Wort an das Staatstheater Stuttgart. Das Staatstheater gehört als Institution zum Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Es ist staatlich finanziert und muss sich am Staatsauftrag orientieren. Dieser wiederum basiert auf der Landesverfassung, die sich das Volk von Baden-Württemberg in Verantwortung vor Gott und den Menschen gegeben hat (Präambel der Landesverfassung). In dieser Landesverfassung weise ich nur auf Artikel 1 hin. Dort steht: «Der Mensch ist berufen, in der ihn umgebenden Gemeinschaft seine Gaben in Freiheit und in der Erfüllung des christlichen Sittengesetzes zu seinem und der anderen Wohl zu entfalten.“ Ist das, was wir hier vorgesetzt bekommen, tatsächlich konform mit dem Auftrag durch das Land?

Sicher nicht!

Herzliche Grüsse
Jürgen Graalfs
Vorsitzender Landesverband Baden-Württemberg

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